Home Office gilt allgemein als positiver Beitrag zur Klimabilanz. In der Regel hat man dabei die hohen CO₂-Emissionen, die durchs Pendeln entstehen, im Kopf. Ob sich das Arbeiten aus dem Home Office aber im individuellen Fall tatsächlich positiv oder negativ auf die Klimabilanz, bzw. die Nachhaltigkeit eines Unternehmens auswirkt, hängt von zahlreichen Faktoren ab. Diese gegeneinander aufzuwiegen, ist leider sehr viel komplexer, als es im ersten Moment erscheint.
Pendelkosten
Laut Deutschlandatlas pendelten 2022 etwa 60 Prozent der Berufstätigen in eine andere Stadt und legten dabei im Durchschnitt 17,2 Kilometer zurück. Sofern diese Strecke mit dem Auto gefahren wird, verursacht dies in einem hohen Maße CO₂-Emissionen, die Belastung von Böden und Gewässern mit Mikroplastik steigt, ebenso die Feinstaubbelastung in den Städten.
- Laut ClimatePartner werden jeden Tag allein durch den Berufsverkehr 64.504 Tonnen CO₂-Emissionen verursacht.
- Nach einer Schätzung des Umweltbundesamts gelangen in Deutschland jedes Jahr etwa 151.200 bis 255.500 Tonnen Kunststoff in der Umwelt. Den größten Anteil daran hat der Straßenverkehr mit 133.000 bis 165.000 Tonnen Kunststoff pro Jahr, verursacht hauptsächlich durch Reifenabrieb.
- Gleichzeitig verursacht der Reifenabrieb laut BUND schätzungsweise ein Viertel der Feinstaubbelastung in städtischen Gebieten. Eine Umstellung auf kleine, leichte E-Fahrzeuge ist sinnvoll, diese verursachen nur etwa 10 Prozent weniger Feinstaub als Verbrenner.
Unter diesen Gesichtspunkten erscheint die Entscheidung fürs Home Office wie ein sinnvoller Beitrag, und jeder Tag, der im HomeOffice gearbeitet wird, ist ein Gewinn für unsere Klima- und Nachhaltigkeitsbilanz.
Allerdings würde ein Wechseln auf den öffentlichen Personennahverkehr oder das Fahrrad den selben Effekt bringen. Nur wenn dies nicht möglich ist, wäre ein regelmäßiges Arbeiten aus dem Home Office gegenüber täglichem Pendeln vorzuziehen.
Versiegelte Flächen
Sofern komplett aus dem Home Office gearbeitet wird und gar kein Büro benötigt wird, hat dies definitiv einen positiven Einfluss, da keine weitere versiegelte Fläche benötigt wird. Ebenso, wenn durch das teilweise Arbeiten aus dem Home Office die Bürofläche verringert werden kann.
- Die Bundesregierung hatte sich das Nachhaltigkeitsziel gesetzt, den Flächenverbrauch bis zum Jahr 2030 auf weniger als 30 Hektar pro Tag zu senken. Laut Umweltbundesamt liegt die tägliche Umwidmung von unbebautem Boden in Siedlungs- und Verkehrsfläche in Deutschland aktuell bei circa 56 Hektar am Tag (davon werden rund 45 Prozent versiegelt). Es gelang zwar, in den letzten Jahren den Flächenverbrauch zu senken, trotzdem sind die aktuellen Werte noch weit vom Nachhaltigkeitsziel der Bundesregierung entfernt.2
Dieser positive Effekt geht allerdings verloren, wenn die einzelnen Arbeitnehmer*innen aufgrund des Home Offices in ein größeres Haus oder eine größere Wohnung ziehen. Sie also ihren privaten Wohnraum vergrößern, um sich fürs Home Office ein Arbeitszimmer zu ermöglichen. In diesem Falle würde eine gemeinsame Bürofläche, bei der sich im Idealfall mehrere Kollegen und Kolleginnen ein Büro teilen, schnell weniger versiegelte Fläche erfordern. Ein Arbeiten aus dem Büro wäre in diesem Fall dem Home Office vorzuziehen.
Besonders problematisch wäre eine Situation, in der eine Verknüpfung von Home Office und Bürozeit zur Folge hat, dass einerseits ein Büro-Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt wird und gleichzeitig der private Wohnraum vergrößert wird, um fürs Home Office ein Arbeitszimmer einzurichten.
Heizkosten / Klimatisierung
Auch bei den Heizkosten kommt man, je größer das Team ist, schnell zu dem Punkt, an dem es günstiger für die Klimabilanz wäre, wenn alle Kollegen und Kolleginnen sich gemeinsam im beheizten Büro aufhalten, als wenn alle vereinzelt zu Hause sitzen und dort die Raumtemperatur auf eine angenehme Temperatur wahlweise hoch oder runter regeln.
Kantine
Sofern die Kolleg*innen die Möglichkeit haben, in der Unternehmenskantine oder in der Gastronomie in der Umgebung des Büros zu essen oder zusammen in der Büroküche zu kochen, wird dies wahrscheinlich auch weniger CO₂-Emissionen verursachen, als wenn sich mittags jeder zu Hause etwas Eigenes kocht. Auch hier hängt die Frage, ob das Home Office Vor- oder Nachteile bringt, ebenso wie bei der Flächenversiegelung sowie den Heizkosten, insbesondere von der Größe des Teams ab.
Fazit: Home Office ja oder nein
Je größer das Team, desto sinnvoller wäre es, wenn diese ins Büro kommen. Insbesondere, wenn die Teammitglieder mit dem Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit pendeln können. Anders sieht es aus, wenn man nur in einem kleinen Team oder sogar nur zu zweit oder zu dritt im Büro sitzt. Insbesondere, wenn es keine andere Möglichkeit gibt, als mit dem Auto zur Arbeit zu pendeln und im privaten Wohnraum genug Platz für einen Home Office-Arbeitsplatz vorhanden ist. In diesem Falle wäre das Home Office auf jeden Fall der Anschaffung einer Bürofläche vorzuziehen.